Das
Gebührenrecht der Hochschulbibliotheken in Nordrhein-Westfalen ist in §
29 Abs. 4 Hochschulgesetz NRW bzw. in § 26 Abs. 2 KunsthochschulG NRW
geregelt. Danach können für "Verwaltungstätigkeiten und Arten der
Benutzung der Einrichtungen für medien-, informations- oder
kommunikationstechnische Dienstleistungen" (gemeint sind damit auch
Dienstleistungen der Hochschulbibliotheken) Gebühren erhoben werden.
Das zuständige Ministerium kann hier einheitliche Gebührensätze in
einer Rechtsverordnung festlegen. Darüber hinaus kann das Ministerium
ebenfalls im Rahmen einer Rechtsverordnung die Hochschulen ermächtigen,
selbst Gebühren festzulegen. Ohne eine entsprechende Ermächtigung des
Ministeriums sind die Hochschulen nicht zur Erhebung der Gebühren
befugt.
Mit der Verordnung über die Erhebung von Gebühren im Bereich
Information, Kommunikation, Medien nach § 30 Hochschulgesetz des Landes
Nordrhein-Westfalen (GebO-IKM NRW) vom 18. August 2005 (GVBl. NRW 2005,
S. 738) hat das Wissenschaftsministerium für die Hochschulen eine
entsprechende Rechtsverordnung erlassen. Danach sind insbesondere die
Säumnisgebühren in NRW nach § 2 der Verordnung landesweit einheitlich
geregelt.
Nach § 1 der Verordnung können die Hochschulen ihrerseits Gebühren
bestimmen, aber nur, soweit keine landeseiheitliche Regelung durch die
Rechtsverordnung besteht. Zulässig sind danach hochschuleigene
Regelungen über Benutzungsgebühren für externe Nutzer. Nicht erlaubt
aber sind Bestimmungen zu Säumnisgebühren, da diese eben
landeseinheitlich festgesetzt sind.
Die GebO-IKM NRW tritt nach ihrem § 3 am 31. August 2010 außer
Kraft. Das Außerkrafttreten hat nicht nur den Wegfall der
landeseinheitlichen Gebührenregelungen zur Folge. Zugleich entfällt auch
die Befugnis der Hochschulen, durch eigene Regelungen selbst Gebühren
festzulegen, denn nach den eingangs genannten Bestimmungen in den
Hochschulgesetzen kann die Hochschule ohne eine Ermächtigung in einer
Rechtsverordnung keine Bibliotheksgebühren erheben.
Mit Blick auf das Auslaufen der GebO-IKM NRW besteht daher
Handlungsbedarf. Entweder wird die Verordnung einfach verlängert, oder
es werden das Hochschul- bzw. Kunsthochschulgesetz dahingehend geändert,
dass nunmehr die Hochschule selbst Gebühren festlegen kann. Als dritte
Möglichkeit können in einer neuen Rechtsverordnung bei Wegfall der
landeseinheitlichen Gebührenregelung die Hochschulen zum Erlass von
Gebührenordnungen ermächtigt werden.
Man hat sich in Nordrhein-Westfalen für die dritte Möglichkeit
entschieden. In Art. 1 Nr. 5 der Dritten Verordnung zur Änderung der
Studienbeitrags- und Hochschulabgabenverordnung vom 14. Dezember 2009
(GVBl. 2010, S. 13) wird § 5 der Studienbeitrags- und
Hochschulabgabenverordnung neu gefaßt.
Nunmehr gilt nach § 5 Abs. 1 Nr. 2
der Verordnung:
"Das Ministerium überträgt die in § 29 Absatz 4
Hochschulgesetz und in § 26 Absatz 4 Kunsthochschulgesetz für die dort
genannten Verwaltungstätigkeiten und Arten der Benutzung, aufgeführten Ermächtigungen,
durch Rechtsverordnung das Nähere zu den Beitrags- und
Gebührentatbeständen und zur Beitrags- und Gebührenhöhe zu bestimmen und
Regelungen zur Stundung, Ermäßigung und zum Erlass der Beiträge und
Gebühren vorzusehen, jederzeit widerruflich auf die Hochschulen;
das Gleiche gilt hinsichtlich der in § 29 Absatz 4 Hochschulgesetz
genannten Verwaltungstätigkeiten und Arten der Benutzung für das
Hochschulbibliothekszentrum des Landes Nordrhein-Westfalen und für die
Deutsche Zentralbibliothek für Medizin."
Damit sind künftig allein die Hochschulen zur Regelung der
Bibliotheksgebühren berufen. Eine landeseinheitliche Regelung ist nicht
mehr vorgesehen.
Nach Art. 2 der Dritten Verordnung zur Änderung der Studienbeitrags-
und Hochschulabgabenverordnung tritt die GebO-IKM NRW außer Kraft.
Da die Verordnung nach ihrem Art. 3 am Tage nach ihrer Verkündigung
in Kraft tritt und die Verkündigung mit Datum vom 12. Januar 2010 im
Gesetz- und Verordnungsblatt NRW erfolgt ist, ist die GebO-IKM daher am 13. Januar 2010 außer Kraft getreten!
Die Konsequenz daraus ist, dass bis zum rechtsgültigen Erlass
hochschuleigener Gebührensatzungen an den Hochschulbibliotheken in
Nordrhein-Westfalen derzeit KEINE Säumnisgebühren mehr erhoben werden
dürfen.
Dieser Umstand ist insoweit mißlich, als die Hochschulen bis zum 13.
Januar 2010 rechtlich gar nicht befugt waren, eigene Gebühren für die
Überschreitung von Leihfristen festzulegen.
Sollten sie dies mit Blick auf das zu erwartende Auslaufen der
GebO-IKM NRW bereits getan haben, so war die entsprechende
Gebührensatzung insoweit wegen des Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 GebO-IKM
NRW nichtig. Eine Heilung durch den Wegfall der GebO-IKM tritt nicht
ein.
Eine handwerklich saubere Neuregelung des Rechts der
Bibliotheksgebühren an den Hochschulen hätte eine Übergangsfrist
vorsehen müssen. Einnahmen gerade aus Säumnisgebühren sind ein wichtiger
Posten für die Erwerbungsetats in den Hochschulbibliotheken. Man wird
auf sie nun bis zur Neuregelung des Gebührenrechts in den einzelnen
Hochschulen verzichten müssen.