Sonntag, 12. Februar 2017

Warum Informationskompetenz vielleicht kein so gutes Thema für Bibliothekare ist ...

Nur ein Wahnsinniger würde bestreiten, dass Bibliotheken zentrale Einrichtungen für die Vermittlung von Informations- und Medienkompetenz sind. Auch ich will das nicht tun. ABER: Ich möchte doch sehr deutliche Zweifel anmelden, ob Bibliothekare bei diesem Thema die richtigen Akteure sind.

Ich würde nämlich sagen, dass Bibliothekare wunderbare Bibliotheken betreiben, Werkzeuge bereitstelllen und vieles mehr tun, damit die Nutzer eine Bibliothek nutzen können. Aber WIE sie das kompetent tun, davon hat der Bibliothekar eigentlich nicht so viel Ahung. Es sei denn, er nutzt seine Werkzeuge selbst, recherchiert selbst intensiv in seinen Katalogen, nutzt seine Datenbanken und so weiter. Mit einem Wort: Wenn er selbst wissenschaftlich oder fachlich abreitet, dann, aber auch nur dann, ist er ein sehr kompetenter Ansprechpartner in Sachen Informationskompetenz. In allen anderen Fällen kennt er bestenfalls die Bedienungsanleitungen. Das kommt meist nicht so gut an. Die Nutzer wissen das. Und die Bibliothekare im Grunde auch, nur sagt das keiner.

Ich will das nicht groß und breit theoretisch begründen, sondern einen kleinen Vergleich ziehen: Reden wir vom Essen und zwar von richtig gutem Essen, Sterne-Küche. Eine gut geführte Bibliothek kann in der wuseligen Internet-Informationsgesellschaft durchaus mit einem Gourmet-Restaurant verglichen werden.

Dann wären die Bibliothekare wohl die Köche. Und die Nutzer die Gäste. Klar. 

Aber: Schreiben Köche eigentlich Restaurantführer? Nein, sie schreiben vielleicht gute Kochbücher, aber keine Gourmetführer. Das tun ganz andere Leute. Leute, die sich mit der richtigen Komposition verschiedener Gerichte, mit der Auswahl von Begleitweinen und dergleichen mehr sehr gut auskennen. Leute, die wissen, an welchen Tagen und bei welchem Wetter man eher zur indischen und wann man zur westfälischen Küche tendieren sollte. Die Erfahrung des Gourmets macht die Qualität des Restaurantführers aus. Der Koch, der immer nur in seiner eigenen Küche steht, kann sie in dieser Form gar nicht haben.

Lustigerweise meinen aber die Köche Bibliothekare, auch die Restaurantführer schreiben zu können …

Langer Rede kurzer Sinn: Die besten Vermittler von Informationskompetenz sind die Informationspraktiker in den einzelnen Fächern. Sie brauchen natürlich eine Bibliothek und die Arbeit der Bibliothekare, so wie der Gourmet den Koch mit seiner Küche nicht entbehren kann. Aber wenn es angerichtet ist, dann sollte der Koch besser bei seinen Töpfen bleiben. Im Lokal wirkt er nur aufdringlich, deplaziert oder will Komplimente fischen. 
An den Tischen beleben sich die Gespräche erst wieder, wenn er in der Küche verschwunden ist. Schließlich möchte man noch einen guten Nachtisch haben!