Dienstag, 5. August 2014

Bibliotheken in den Wahlprogrammen für die Landtagswahl in Sachsen 2014

Die Parteien in Sachsen gehen in ihren Wahlprogrammen auch auf Bibliotheken und deren Dienstleistungen ein. Für den Erlass eines Bibliotheksgesetzes sprechen sich explizit Bündnis90/Die Grünen, DIE LINKE, und die Piraten aus. Zudem hätten die Pläne der SPD eine Weiterentwicklung des SLUB-Gesetzes zur Folge.

Die CDU will die kleine Dorfbücherei fördern und damit wohl den Charakter der Büchersammlung als Begegnungsort betonen:
"Wir wollen in den kleinen Ortschaften zentrale Anlaufpunkte schaffen und fördern. Sie sollen nicht nur Treffpunkte für Jung und Alt sein, sondern auch Bibliotheken, Kurse, Beratungsangebote, schnelles Internet, Apothekersprechstunden und nach Möglichkeit auch Postangebote sowie Bankautomaten enthalten. Ein kleines Warenangebot und ein kleines Café können die Treffpunkte attraktiv machen."
Quelle: Regierungsprogramm 2014-2019, S. 58 

Bei der SPD geht es um strukturelle Fragen des sächsischen Bibliothekswesens. Auch wenn es nicht explizit erwähnt wird, müsste die Umsetzung wenigstens eine Änderungs des SLUB-Gesetzes nach sich ziehen, das dann wohl in Richtung eines Sächsischen Bibliotheksgesetzes weiterentwickelt werden würde:
"Angesichts der Digitalisierung steht auch das sächsische Bibliothekswesen vor großen Herausforderungen. Wir wollen ein frei zugängliches sächsisches Biblio - theksnetz flächendeckend erhalten und werden die kommunalen Bibliotheken beim Übergang in das digitale Zeitalter unterstützen. Das in unserer Regierungs - verantwortung 2008 entstandene Bibliothekskonzept enthält dazu notwendige Maßnahmen, die endlich umgesetzt werden müssen. Wir werden die sächsische Staats-, Landes- und Universitätsbibliothek ( SLUB ) zu einer Leitbibliothek mit einer Gesamtverantwortung für das sächsische Biblio - thekswesen in Zusammenarbeit mit einer gestärkten Sächsischen Landesstelle für Bibliothekswesen ausbauen."
Quelle: Regierungsprogramm 2014-2019, S. 97

Im Wahlprogramm von Bündnis90/Die Grünen gibt es eine explizite Aussage für die Schaffung eines Bibliotheksgesetzes:
"Bibliotheken wollen wir als Bildungsorte, Medienzentren und Kultureinrichtungen stärken und deswegen nicht nur in Großstädten erhalten. (S. 7) ... BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen wollen die Bibliotheken als Bildungsorte, Medienzentren und Kultureinrichtungen stär - ken und ein leistungsstarkes und flächendeckendes Bibliothekssystem in ganz Sachsen erhalten. Gemäß der Empfehlungen, die die Enquete Kommission des Deutschen Bundestags 'Kultur in Deutschland' bereits 2007 ausgesprochen hat, wollen wir deshalb ein Sächsisches Bibliotheksgesetz einführen. Es soll für Bibliotheken Mindeststandards unter anderem hinsichtlich der Ausbildung des Personals und der technischen Ausstattung for - mulieren, bei deren Erfüllung der Freistaat die Kommunen finan - ziell unterstützt. Die Kooperation mit Bildungseinrichtungen soll verbessert werden. (S. 89)"
Quelle: Programm zur Landtagswahl 2014.

DIE LINKE thematisiert Bibliotheken gleich an mehrere Stellen:
"Kindern und Jugendlichen muss ein gebührenfreier Zugang zu öffentlichen kulturellen Einrichtungen wie Museen, Bibliotheken, Theatern, Musikschulen ermög licht werden. Sie benötigen eigene gestaltbare Räume, in denen sie sich abseits von Kostenzwängen treffen und betätigen können sowie Unterstützung erfahren. (S. 15) ... Die Hochschulbibliotheken wollen wir besser ausstatten, damit sie die Herausforderungen digitalisierter Wissensvermittlung meistern und die Hochschulen dabei unterstützen können. (S. 23) Weiterhin unverzichtbar sind Studiengänge an sächsischen Hochschulen, die der kulturellen Vermittlung dienen, z.B. Museologie und Bibliothekswissenschaften und Kulturmanagement. (S. 29) Erarbeitung eines Landesbibliothekengesetzes (S. 30)." Interessant ist mit Blick auf die kürzlich erfolgte Umwandlung der SLUB Dresden in einen Staatsbetrieb noch die Aussage: "Ablehnung weiterer [!!, Anm. ES] Rechtsformänderungen bei sächsischen Kultureinrichtungen."
Quelle: Landtagswahlprogramm Sachsen 2014.
Die Piraten thematisieren Bibliotheken an mehrere Stellen ihres Wahlprogramms: "Alle Schulen müssen zur selbständigen Interessenfortbildung der Schüler mit eigenen Bibliotheken ausgestattet werden. (S. 7) 
Obwohl zahlreiche Bibliotheken bereits erste Schritte auf de m Weg zu umfassenden Medien - und Informationszentren unternommen haben, sollten insbesondere Computerarbeitsplätze, Internetzugänge, Zugänge zu Datenbanken und umfangreiche Bestände mit neuen Informations - , Bildungs - und Unterhaltungsträgern weiter ausgebaut und effektiv finanziert werden. Vor allem im ländlichen Raum besteht hier noch großer Nachholbedarf. (S. 25)

Die Piratenpartei Sachsen setzt sich für eine umfassende, dem Stand der Technik entsprechende Digitalisierung und Verfügbarmachung von Kulturschätzen und - werken Sachsens ein, die vergriffen oder nicht mehr durch Verwertungsrechte geschützt sind. Diese sollen kostenfrei, nachhaltig und ohne Nutzungsbeschränkung der Öffentlichkeit im Internet zugänglich gemacht werde n. Das SächsHSG, §12 Absatz 5 (Gebühren), das SächsKRG (Zielsetzung) u.a. sind dazu anzupassen. (S. 25)"
Daneben gibt es noch einen umfangreichen Abschnitt über Bibliotheken (S. 26 f.). Dort sprechen sich die Piraten auch für die Schaffung eines Bibliotheksgesetzes aus. Dieser Abschnitt des Wahlprogramms liest sich streckenweise wie der Entwurf eines Bibliotheksgesetzes:

"Präambel
Bibliotheken waren in der Vergangenheit ein Hort des Wissens, des Studiums und der Begegnung. Im Zuge der Sparzwänge von Verwaltungen einerseits und den Anpassungsschwierigkeiten im Zuge der digitalen Revolution andererseits verkümmerten ehemals belebte Begegnungsstätten zu in Kommunalhaushalten ungeliebten Restposten. Den Bibliotheken wieder den Stellenwert in der Gesellschaft einräumen, der einem Land mit reicher Kultur - und Wissenschaftsvergangenheit angemessen ist, steht dem Freistaat Sachsen nicht nur gut zu Gesicht, sondern ist zugleich ein Grundbaustein für eine nachhaltige Bildungs - und Sozialpolitik. 
Bibliotheksgesetz
Die Piratenpartei Sachsen setzt sich für die Schaffung eines sächsischen Bibliotheksgesetzes ein. Dies regelt die grundsätzlichen Aufgaben von Bibliotheken, betont den Stellenwert im Freistaat, klärt die Finanzierung und fördert die Zusammenarbeit. 

Pflichtaufgaben
Die Piratenpartei Sachsen betrachtet Bibliotheken als wichtige öffentliche Einrichtungen, die nicht nur Wissen und Kultur vermitteln, sondern auch eine nicht zu unterschätzende Rolle als sozialer Raum für die Begegnung der Menschen untereinander spielt. Eine bedeutende Rolle kommt den Bibliotheken als Lernraum für die Selbstbildung und das Selbststudium zu, welches durch eine an genehme Arbeitsatmosphäre, Hilfestellungen, Wegweiser und kulturelle Angebote unterstützt wird. Zu den Pflichtaufgaben der Bibliotheken gehört es, jedem Bürger und jeder Bürgerin über online - und Vorortpräsenz den Zugriff zu Literatur, Sach - und Fachmedien zu ermöglichen. Die Bibliotheken sind gehalten, sich zu koordinieren und die Angebote zeitgemäß zu gestalten. Den Bibliotheken kommt ferner eine Beratungsfunktion zu, um es den Bürgern und Bürgerinnen zu ermöglichen, sich im Wandel zur Informationsgesellschaft zu orientieren. Diese Funktion schließt die Vermittlung und Bewertung von Informationsangeboten ein. Die Bibliotheken sind für eine inklusive und barrierearme Nutzung fortzuentwickeln. 

Finanzierung
Die kommunalen Bibliotheken mit Schwerpunkt der Allgemeinversorgung werden durch Kommune und Land finanziert. Der Freistaat übernimmt hierbei die Personalkosten zu 80%, dies schließt die regelmäßige, mindestens zweijährliche Weiterbildung des Personals ein. Die angemessene räumliche Ausstattung erfolgt durch den kommunalen Träger. Die angemessene technische Ausstattung erfolgt durch den kommunalen Träger bei Einwohnerzahlen größer 100.000 Einwohnern, andernfalls durch den Freistaat. Die Landes - und Universitätsbibliotheken, sowie Sonderbibliotheken werden durch den Freistaat vollständig finanziert. Eine Nutzungsgebühr für Bibliotheken zu deren Finanzierung ist nicht statthaft. 

Langzeitverfügbarkeit
Die Bibliotheken werden gehalten, auf die Bedeutung der Langzeitverfügbarkeit hinzuweisen. Historisch wertvolle Sammlungen sind nach und nach zu digitalisieren, inhaltlich zu erschließen und für den allgemeinen Zugang im Internet zur Verfügung zu stellen. 

Präsenzbestand, Online - Ausleihe und Katalogisierung
Um die oben genannten Aufgaben zu erfüllen, ist der Präsenzbestand einer Bibliothek regelmäßig zu aktualisieren. Die Aktualisierungsrate sollte 10% pro Jahr nicht unterschreiten. Bevorzugt sollte in gesamtsächsischer Koordination sichergestellt werden, dass Bücher und Zeitschriften zentral eingekauft werden. Die Bibliotheken regeln diesen Einkauf untereinander. Der Bestand kann in Teilen durch Ebooks ersetzt werden, wenn für die Ausleihe ausreichend Lesegeräte zur Verfügung stehen. Dabei beachten die Bibliotheken, dass ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Allgemeinversorgung und Spezialisierung des Bestandes eingehalten wird. Die elektronische Ausleihe ist sachsenweit zu koordinieren. Um die Versorgung im ländlichen Raum sicherzustellen, wird die regelmäßige Versorgung neben der Online-Präsenz durch den Einsatz von fahrenden Bibliotheken sichergestellt. Die Versorgung ist so zu gestalten, dass die o.g. Funktionen der Bibliotheken i.d.R. auch der ländlichen Bevölkerung zugute kommt. Die Bibliotheken sind so auszustatten, wie es dem allgemeinen Stand von Medien und Technik entspricht. Die Bibliotheken ermöglichen den Internetzugang speziell zu Behörden, Lehrangeboten und digitalen Sammlungen in qualitativ hinreichender Qualität.

Sonderbibliotheken
Zu den Sonderbibliotheken gehören Bibliotheken, di e eine besondere Aufgabe erfüllen, die nicht durch eine Allgemeinbibliothek übernommen werden kann. Zu den besonderen Aufgaben zählen insbesondere:
– Zugänglichmachung und Erhalt von besonders wertvollen historischen Sammlungen
– spezielle Sammlungsgebiete, z.B. Landkartensammlung
– Aufbereitung von bibliothekarischen Angeboten für Menschen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen (z.B. Deutsche Zentralbücherei für Blinde)" 

Bei F.D.P., AfD und NPD spielen Bibliotheken keine Rolle.