Donnerstag, 17. Dezember 2015

Antrag der CDU zu Museen und Digitalisierung im Landtag von NRW beraten

Unter der Drucksachennummer 16/10422 hat die Fraktion der CDU im Düsseldorfer Landtag einen Antrag mit dem Titel „Den Reichtum unserer Museen in Nordrhein-Westfalen durch Digitalisierung besser sichtbar machen – praxistaugliches Urheberrecht zur Digitalisierung von Museumsbeständen einführen!“ vorgelegt.

Der Antrag geht davon aus, dass die digitale Erschließung der Bestände ein großes Potenzial für die Museen in Nordrhein-Westfalen hat. Konkret werden vier Forderungen erhoben:

1. Die Landesregierung soll ein Programm im Sinne von § 14 KFG NW (Kulturfördergesetz) vorlegen, um die Digitalisierung und öffentliche Zugänglichmachung von Museumsbeständen im Internet voranzutreiben. 

2. Die Landesregierung soll sich gemäß § 18 S. 2 KFG NW auf Bundes - und europäischer Ebene für ein angemessenes und praxistaugliches Urheberecht zur Digitalisierung von Museumsbeständen einsetzen. 

3. Die Landesregierung soll auf die ihrer Rechtsaufsicht unterstehenden Museen und Träger musealer Einrichtungen einwirken, die digitale Nutzung ausgestellter Bestände nach den Grundsätzen des Informationsweiterverwendungsgesetzes zu ermöglichen. 

4. Die Landesregierung soll den Aufenthalt eines „Wikipedian in residence“ an ausgewählten Museen des Landes fördern.

In der 101. Sitzung am 17. Dezember 2015 hat der Landtag unter TOP 10 den obigen Antrag behandelt und zur weiteren Beratung, die sicher auch eine öffentliche Anhörung miteinschließen wird, in den Kulturausschuss überwiesen.

Die Redner haben sich in der Landtagsdebatte wie folgt geäußert:

MdL Thomas Sternberg (CDU): Nennt Google Art Project als Möglichkeit, ein Museum digital zu besuchen. Auch Wikipedia erschließe Museen für die digitale Welt. Das Urheberrecht mache hier aber Probleme. Die Hamburger Note wird als wichtige Aktion genannt. Sie sei unmittelbarer Anlass des Antrages gewesen. Das KFG NRW solle die Digitalisierung fördern und erleichtern. Daher wird die Landesregierung gebeten, ein entsprechendes Digitalisierungsprogramm aufzulegen. Zudem solle sie sich für ein praxistaugliches Urheberrecht einsetzen. Sie solle darauf hinwirken, dass die Träger der Museen ihre Bestände digital nutzbar machen. Zudem sollen Wikipedians in Residence gefördert werden.

MdL Andreas Bialas (SPD): Hält seine Rede in Reimen (!) und äußert sich grundsätzlich positiv zu dem Antrag. Beim Thema Urheberrecht geht er auf Wertschöpfungsketten für Künstler ein. Er verspricht eine intensive Beratung des Antrags im Ausschuss.

MdL Oliver Keymis (Grüne):Kurz und knapp: Wir stimmen zu (der Überweisung in den Ausschuss) und frohe Weihnachten.

MdL Ingola Stefanie Schmitz (FDP): Museen sollen digital ertüchtigt werden. Dabei geht sie besonders auf die nicht sichtbaren Depots ein, die durch Digitalisierung erstmals erschlossen werden können. Digitalisierung ermögliche kulturelle Bildung und führe Jugendliche an Museen und deren Bestände heran. Zudem werde durch Digitalisierung ein Mehrwert geschaffen in Form von Erläuterungen und Vertiefungen. Angesichts des knappen Kulturetats wird befürchtet, dass nicht genügend Mittel für die Digitalisierung zur Verfügung stehen. Es dürfe angesichts knapper Kassen nicht sein, dass unter der Förderung der Digitalisierung die konkrete Arbeit vor Ort und die Konzipierung und Durchführung von Ausstellungen leiden. Das Museum als Ort sei auch und gerade neben der Digitalisierung wichtig und unverzichtbar. Schmitz regt an, die Gelder aus den umstrittenen Warhol-Verkäufen, die kritisiert werden, nicht für Spielbanken, sondern für die Digitalisierung von Museumsbeständen einzusetzen.

MdL Lukas Lammla (Piraten): Findet den Antrag gut. Er betont, dass das Urheberrecht von heute Wissen von morgen vernichten könne. Sehr wichtig sei die Nachnutzung bei der Digitalisierung von Kulturgut. Der Fall der Klage eines Mannheimer Museums gegen die Wikipedia wird erwähnt. Die Hamburger Note wird als wichtige Aktion gelobt, weil sie die Probleme kurz, knapp und präzise auf den Punkt bringt. Lammla freut sich auf eine intensive Beratung im Ausschuss. Der Antrag sei im Prinzip gut so, wie er ist. Vermisst wird aber ein Hinweis auf freie Lizenzen für die Digitalisate.

MdL Daniel Schwerdt (fraktionslos): „Vielen Dank für diesen Antrag!“ Gelobt wird das Engagement von MdL Sternberg, der in Sachen Digitalisierung die Piraten alt aussehen lasse. Schwerdt kritisiert den ökonomisch oft wenig sinnvollen, kulturell dafür aber sehr nachteiligen überlangen Schutz des Urheberrechts.

Ministerin Christina Kampmann (SPD): Sie sei euphorisiert von den Antrag, der ein wichtiges Thema aufgreife, aber auch enttäuscht, denn sie vermisse konkrete Hinweise, WIE denn das Urheberrecht geändert werden soll. Sie mahnt Augenmaß an, insbesondere müsse sichergestellt sein, das Künstlerinnen und Künstler von ihrem Schaffen leben können. Positiv erwähnt wird in diesem Zusammenhang der aktuelle Gesetzentwurf zum Urhebervertragsrecht. Weiterhin werden laufende Projekte der Digitalisierung von Museumsbeständen aus NRW genannt. Insgesamt befinde man sich auf einem guten Weg.

Der Antrag wurde einstimmig zu weiteren Beratung in den Kulturausschuss überwiesen. Dort soll in öffentlicher Sitzung auch die abschließende Beschlussfassung erfolgen.

Fazit: Quer durch alle Fraktionen ist eine positive Reaktion auf das Thema „Museum und Digitalisierung“ zu beobachten. Zwei Problemfelder zeichnen sich aber bereits ab: Geld und Urheberrecht.

Während das Thema Geld eine politische Entscheidung und Prioritätssetzung auf Landesebene ist, ist das Urheberrecht eine Materie, die in NRW gar nicht gelöst werden kann. Insoweit sind die Hinweise der Ministerin ziemlich neben der Sache; der Landtag NRW ist gar nicht kompetent, ein zeitgemäßes Urheberrecht zu entwickeln.

Sehr problematisch sind die Hinweise von Bialas und Kampmann auf die Frage, ob Künstler von ihrem Schaffen leben können. Diese Fragen, vor allem aber das Urhebervertragsrecht, haben mit den urheberrechtlichen Problemen der Museen praktisch nichts zu tun. Es sind hier vor allem die großen Massen an verwaisten Werken, Werken also, von denen Künstler offenbar gar nicht leben wollen, die nicht digitalisiert werden können. Und die ebenfalls wichtige Weiternutzung von Digitalisaten gemeinfreier Werke, auf die MdL Lammla hingewiesen hat, betreffen Künstler gar nicht. 

Es ist leider so, dass mal wieder das fehlende Problembewusstsein von Kulturpolitikern in Sachen Urheberrecht sichtbar wird. Das ist ungefähr so, als wenn ein Sportausschuss über Probleme mit dem Rasen auf einem Fußballplatz sprechen will und die verantwortlichen Politiker die guten Eigenschaften der neu angeschafften Tischtennisplatten loben. Sicher, in beiden Fällen geht es um Sport, einen Ball und eine Spielfläche. Das Problem mit dem Rasen wird trotzdem nicht durch neue Tischtennisplatten gelöst. Warum soll ausgerechnet im Urheberrecht eine solche Herangehensweise für die Lösung der sehr komplexen Probleme hilfreich sein? 

Im Gegenteil. Ein solches Denken ist Teil des Problems. Weil nämlich Politiker oft so wenig differenziert über das Urheberecht sprechen und vollkommen verschiedene rechtspolitische Debatten kurzschlüssig miteinander verschränken, ist das Recht in vielen Teilen so schlecht ist, wie es ist. 

So gesehen zeigt der Antrag der CDU sehr wohl einen sehr konkreten Weg auf, wie man das Urheberecht ändert und zeitgemäß anpasst, indem man nämlich über die aktuelle Lage zunächst einmal sachkundig redet und sie versteht. 

Der Rest ergibt sich dann hoffentlich in Brüssel und in Berlin.