Ich habe gestern den Bezug des "Archivs für katholisches Kirchenrecht" beim Schöningh-Verlag gekündgt. Der frühere mittelständische Wissenschaftsverlag aus Paderborn ist mittlerweile ein Imprint des international agierenden Verlagshauses Brill. Das merkt so langsam auch der einzelne Leser ...
Auszug aus meiner Kündigungsmail:
"Vielleicht möchten Sie auch kurz den Grund
der Kündigung erfahren. Ich habe das Archiv für katholisches Kirchenrecht, das
ich seit 1948 lückenlos vorliegen habe, trotz einer Verlagerung meiner
fachlichen Interessen aus alter Verbundenheit noch weiterbezogen, auch weil ich
noch einem gewissen bildungsbürgerlichen Ideal anhänge, dass man
wissenschaftliche Literatur nicht nur über Bibliotheken nutzt, sondern auch in
einer gut sortierten privaten Handbibliothek vorhalten kann.
Ich muss leider
immer öfter feststellen, dass die Preispolitik wissenschaftlicher Verlage den
Privatleser offenbar immer mehr ignoriert, ja regelrecht vergrault. Es ist
offenbar nur noch der Umsatz mit den Bibliotheken von Interesse. Für die Kultur
des geisteswissenschaftlichen Publizierens finde ich diese Entwicklung
verheerend. Nun ist das Archiv preislich für Privatbezieher noch so gerade erträglich.
Sehr enttäuscht war ich aber, als ich jetzt das aktuelle Heft in Händen hielt,
das von der Herstellung nur noch ein recht billiger Digitaldruck aus dem
Copyshop ist. Da stimmen für mich Preis und Leistung nicht mehr. Für rund 140 €
im Jahr darf ich mehr erwarten.
Den letzten Ausschlag für die Kündigung meines
Abos hat für mich aber die Verlagsankündigung des Nachfolgewerkes des Lexikons
des Kirchen- und Staatskirchenrechts gegeben. Kostete das Vorgängerwerk noch
gut 60 € pro Band, werden jetzt für das Lexikon für Kirchen- und Religionsrecht
knapp 500 € Subskriptionspreis verlangt. Zum Vergleich: Das zeitgleich neu
erscheinende Staatslexikon bei Herder kostet in vergleichbarer Ausstattung pro
Band 88 €.
Ich glaube übrigens, dass der Verlag an
dieser Stelle die Erwerbungsetats der meisten wissenschaftlichen Bibliotheken
maßlos überschätzt. Für dieses Nischenthema werden nur wenige Häuser rund 2.000
€ für die geplanten vier Bände auf den Tisch legen. International wird der
deutschsprachige Titel sicher auch ein Ladenhüter werden. Den Weg in heimische
Bücherregale wird das Werk gewiss nicht finden.
Wer mir als langjährigem
Privatkäufer kirchenrechtlicher Literatur in dieser Form so den Stuhl vor die
Tür stellt, hat den Solidaritätsbonus für das fachlich eigentlich nutzlose Abo
des guten alten Archivs leider restlos verbraucht. Ich sehe keinen Grund mehr,
diese Verlagspolitik mit meinem Geld noch zu unterstützen. Brill ist halt sehr
gewinnorientiert. Aber ich mache da nicht mehr mit!"