Mittwoch, 28. Mai 2025

Paul Raabe zum Alten Buch

Das alte und das kostbare Buch: Warum es für Bibliotheken eine Zukunftsaufgabe bleibt

In einer Zeit, in der digitale Medien dominieren, könnte man meinen, alte, physische Bücher seien nur noch Relikte der Vergangenheit. Doch der renommierte Bibliothekar Paul Raabe argumentiert in seinem Aufsatz "Das alte und das kostbare Buch: Eine bibliothekarische Zukunftsaufgabe" eindrücklich das Gegenteil. Basierend auf Auszügen aus diesem wichtigen Beitrag werfen wir einen Blick darauf, warum der Umgang mit alten Beständen auch heute und in Zukunft eine zentrale Rolle für Bibliotheken spielt.

Die vorliegenden Textauszüge stammen aus: Paul Raabe: Das alte und das kostbare Buch – Eine bibliothekarische Zukunftsaufgabe. In: Bertram Haller (Hrsg.)., Erlesenes aus der Welt des Buches : Gedanken - Betrachtungen - Forschungen. Wiesbaden 1979, S. 164-188.

Die Entwicklung und die Rolle des Bibliothekars

Paul Raabe beleuchtet zunächst die historische Entwicklung des deutschen Bibliothekswesens, das stark von der industriellen Buchproduktion und der schieren Masse der wissenschaftlichen Publikationen beeinflusst wurde. Dies führte zu einer stärkeren Technisierung und Verwaltungslast, was als eine potenzielle Entfremdung des Bibliothekars vom Buch selbst gesehen wird.

Was sind "alte und kostbare" Bücher?

Es geht nicht allein um das Alter. Das alte und kostbare Buch zeichnet sich durch seine Einzigartigkeit, seine Qualität, seinen materiellen Wert und seine historische Bedeutung aus. Diese Bücher sind unverzichtbare Quellen für die Geisteswissenschaften – von der Wissenschaftsgeschichte über Literatur und Philosophie bis hin zur Kunstgeschichte. Sie sind Träger von Gedächtnis und Geschichte.

Die zentralen Aufgaben im Umgang mit alten Büchern

Der Aufsatz identifiziert klare Kernaufgaben für Bibliotheken im Hinblick auf ihre Altbestände:

  • Bewahren und Erhalten: Alte Bestände sind durch verschiedene Faktoren gefährdet – von physischen Schäden bis hin zu Plünderung. Konservierung und Restaurierung sind daher grundlegende, spezialisierte Aufgaben.
  • Erschließen: Die katalogische Erschließung ist essenziell. Insbesondere die massenhaft vorhandenen Bestände des 18. und 19. Jahrhunderts erfordern eine systematische und detaillierte Bearbeitung, um sie nutzbar zu machen.
  • Forschen: Die Erforschung der Geschichte des Buches, des Buchdrucks und der Bibliotheksgeschichte ist Teil des bibliothekarischen Auftrags.
  • Vermitteln: Alte Bücher müssen nicht nur verwaltet, sondern auch vermittelt werden. Dies geschieht beispielsweise durch Ausstellungen oder Publikationen, um die Inhalte und ihre Bedeutung einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Herausforderungen und Anforderungen

Der Umgang mit alten und kostbaren Büchern ist anspruchsvoll. Er erfordert spezialisiertes Wissen und handwerkliche Fähigkeiten, die über die allgemeine Bibliothekarausbildung hinausgehen. Raabe betont, dass Bibliotheken eine ausreichende Ausstattung mit Personal, Räumlichkeiten und finanziellen Mitteln benötigen, um diese Aufgaben bewältigen zu können.

Die Bibliothek sollte ein Ort der "Geisteswissenschaftlichen Kommunikation" sein, wo Forscher und Interessierte zusammenkommen und die Quellen nutzen und diskutieren können.

Technologie und die Zukunft

Während Digitalisierung ein wichtiges Werkzeug sein kann, um Zugänglichkeit zu verbessern, ersetzt sie nicht den direkten Umgang mit dem Originalbuch. Das alte Buch bleibt ein physisches Artefakt mit eigener Bedeutung.

Die Beschäftigung mit dem alten Buch wird als eine kulturelle und geistige Aufgabe gesehen, die zur "Rettung der Zukunft durch Sanierung der Vergangenheit" beiträgt. Sie ist eine Herausforderung und Chance, um die Rolle der Bibliotheken als zentrale kulturelle und wissenschaftliche Institutionen zu stärken und das Renommee der Geisteswissenschaften zu festigen.

Fazit

Paul Raabes Aufsatz macht deutlich: Das alte und kostbare Buch ist kein musealer Ballast, sondern ein lebendiger Schatz, dessen Pflege, Erschließung und Vermittlung eine zentrale und zukunftsorientierte Aufgabe für jede Bibliothek darstellt. Es erfordert Engagement, Expertise und die Anerkennung seines unschätzbaren Wertes für Wissenschaft und Kultur.