Wenn über ein modernes Berufsbild im Fachreferat diskutiert wird, bleibt ein Thema mit Sicherheit ausgeblendet, nämlich Buch- und Bibliotheksgeschichte.
Ich halte das für grundfalsch, ja sogar gefährlich.
In dem tiefgreifenden Medienwandel, den wir gerade durchlaufen, bietet historische Medienkompetenz ein unentbehrliches Orientierungswissen. Das Fachreferat ist die Stelle in einer Universität, wo dieses Wissen mit einigem Recht erwartet werden darf.
Aus der Praxis kann ich sagen, dass ausnahmslos alle tiefer gehenden Geapräche mit Wissenschaftlern und Studierenden mehr oder weniger von Fragen des Medienwandels handeln. Wenn man hier mehr als langweilige Allgemeinplätzchen anbieten will, sollte das Zusammenspiel von Medien, Institutionen und Rezeption in seinen historischen Bezügen kennen.
Wer stattdessen im Fachreferat nur noch neue Digitaltechnik anpreist oder lustige Tools erklärt, ist auf dem besten Weg zum Callcenter-Service zu mutieren - mit allen auch besoldungsrechtlichen Konsequenzen.
Ich bin der festen Überzeugung, dass allein der reflektierte, also auch der medienhistorisch und medienwissenschaftlich gebildete Bibliothekar eine sichere Zukunft im Fachreferat hat. Alles andere ist Hotline.
Dass historische Medienkompetenz als Konsequenz dieser Sicht in der Ausbildung einen angemessenen Platz verdient, muss nicht eigens betont werden. Genauso sollte klar sein, dass Bibliothekswissenschaft keine spezielle anwendungsbezogene praktische Informatik oder Betriebswirtschaftslehre ist, sondern eine institutionenbezogene Kultur- und Verwaltungswissenschaft.
Mit den lustigen Nullen und Einsen befasst sich übrigens im Schwerpunkt die Informationswissenschaft. Dass sie die Bibliothekswissenschaft gut ergänzt, ist natürlich selbstverständlich. Ergänzen meint aber nicht ersetzen.
Disclaimer: Nein. Ich bin nicht reaktionär und Papierbuchfetischist. Dann hätte ich einen typischen Fachaufsatz und keinen Blogpost geschrieben. :)