Lehner/Zelewski (Hrsg.), Wissenschaftstheoretische Fundierung und wissenschaftliche Orientierung der Wirtschaftsinformatik, Berlin 2007.
Die Bibliothekswissenschaft teilt das in dem Sammelband festgestellte und aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtete Theoriedefizit der Wirtschaftsinformatik. Als „anwendungsorientierte Wissenschaftsdisziplin“ besteht die Gefahr, dass mehr nach einer Umsetzung gefundener Lösungen in der Praxis gestrebt wird als nach einer theoretischen Fundierung des eigenen Faches. Die insbesondere an den Fachhochschulen beheimatete Bibliothekswissenschaft kann hier zusammen mit den Wirtschaftsinformatikern durchaus ernste Gewissenserforschung betreiben.
Ein Beitrag des Bandes beschäftigt sich, für Bibliothekare sehr spannend, mit dem Thema Publikationspraxis.
Zelewski, Kann Wissenschaftstheorie behilflich für die Publikationspraxis sein?, S. 71-120.
Diskutiert werden wissenschaftstheoretische Hilfestellungen, die die Relevanz einer Publikation aufzeigen sollen. Zielstellung sollte sein, dass nur solche Publikationen erscheinen, die auch wirklich etwas Neues bringen.
Dies ist in der gegenwärtigen Wissenschaftspraxis nicht immer der Fall. Insbesondere Tagungen und Kongresse geraten leicht zu „Publikationsmaschinen“.
Interessanter Gedanke, um sich dem bibliographischen Output eines Bibliothekartages einmal zu nähern.
Über den Weg des Publizierens selbst wird leider nichts gesagt. Bemerkenswert ist aber die Feststellung, dass die systembedingt (!) hohe Nachfrage nach Publikationsmöglichkeiten von den einschlägigen Fachzeitschriften nicht mehr bewältigt werden kann (S. 80). Also der Tagungsband als Überlaufbecken? Oder gar das Repositorium?
Gelegenheit, über Publikationskulturen und -wege nachzudenken, gibt der Beitrag von Zelewski allemal.
Kurz erwähnt sei noch, dass der Band auch eine „Wissenschaftsphilosophie des Digitalisierens“ von Born/Daneilczyk bietet, S. 185-218.