Das UrhWissG ist jetzt mittlerweile auch in der BILD
angekommen. Kritisiert wird, dass der neue Gesetzentwurf die Digitalisierung
und Nutzung von Verlagsangeboten durch Wissenschaftler und Bibliotheken
ermöglicht, ohne dass diese dafür zahlen müssen. Richtig ist, dass das UrhWissG
die schon immer vergütungspflichtigen Schrankenbestimmungen des UrhG lediglich
neu formuliert, in Randbereichen reformiert und im Übrigen in der Sache
unverändert gelassen hat.
In Teilen ist es sogar zu Verschärfungen des geltenden
Rechts gekommen, indem nämlich Bibliotheken die bislang zulässige
Dokumentlieferung an gewerbliche Nutzer untersagt wird. Künftig können Verlage
dieses Geschäft exklusiv selbst übernehmen.
In den letzten Wochen hat insbesondere die FAZ scharf gegen
das Gesetz geschossen. Diesen Vorgang greift die BILD-Zeitung nun auf, um
daraus – wir sind ja schon im Vorwahlkampf – eine Attacke gegen den
Bundesjustizminister zu reiten.
Grundlage für die Meldung bei BILD ist zunächst eine
Protestnote von 6.000 Wissenschaftlern, wobei vor allem der Bestseller-Autor
des Beck-Verlages Jürgen Osterhammel mit einem Bezug zur Kanzlerin, dessen
Laudatio zu ihrem 60. Geburtstag er gehalten hat, genannt wird. Das ist
geschickt, signalisiert es doch: Staatstragende Kreise sind gegen das Gesetz! Dass die Kanzlerin selbst hinter diesem Gesetzentwurf steht, der im
Bundeskabinett beschlossen wurde, sei nur kurz vermerkt.
Mit der vor allem von älteren Wissenschaftler und Pensionären
gezeichneten „Protestsnote“ ist offenbar die Unterschriften-Aktion „Publikationsfreiheit.de“
gemeint. Zu den Hintergründen dieser Aktion sowie den irreführenden
Behauptungen der die Kampagne tragenden Verlage, kann man sich hier
informieren:
Neben Publikationsfreiheit.de ist Grundlage der BILD-Meldung
nur noch die Berichterstattung der FAZ. Diese kann man freilich nur als
gezielte Desinformationskampagne bezeichnen. Wäre der Begriff nicht so
politisch problematisch besetzt, „Lügenpresse“ würde in diesem Fall passen. Die
Fakten zum jüngsten FAZ-Beitrag am Samstag und den Anzeigen der Zeitung jeweils
zu den Sitzungstagen von Bundesrat und Bundestag kann man hier nachlesen:
Vor diesem Hintergrund hat die Bezeichnung der FAZ als „renommiert“
in dem BILD-Artikel satirische Qualitäten. Eine Zeitung, die sich zu einem
Kampagnenblatt herabwürdigt und mit grob unwahrer Berichterstattung
Klientelpolitik betreibt, hat mit guter journalistischer Arbeit nicht viel zu
tun. Dass es jetzt einen Schulterschluss von BILD und FAZ gibt, ist da nur
folgerichtig. Willkommen auf dem Boulevard, liebe FAZ!
Und natürlich fällt in dem Beitrag das Wort vom
Qualitätsjournalismus, der nicht untergraben werden darf. Das Gesetz freilich hat
keine über die bisherige Rechtslage hinausgehende Auswirkung auf die Presse.
Was wir hier erleben ist eine Kampagne zugunsten einiger
kleiner Wissenschaftsverlage, die mit dem Medienwandel (Digitalisierung,
Internet) nicht zurechtkommen und verzweifelt versuchen, das Internet
abzuschalten. Warum das Quatsch ist, kann man hier nachlesen:
Die Politik ist gut beraten, im laufenden
Gesetzgebungsverfahren bei den Fakten zu bleiben und sich nicht von ein paar Einbläsern
in der Presse irre machen zu lassen. Fakt ist nämlich, dass rund 3 Millionen
Wahlberechtigte an den Hochschulen es merken werden, wenn die Reform des Wissenschaftsurheberrechts nicht funktioniert. Im September werden die
Hochschulen, weil dann ein Moratorium mit der VG Wort ausläuft, ihre
elektronischen Semesterapparate abschalten müssen. Diese Situation ist nicht
fiktiv. Sie drohte schon einmal Ende 2016. Im September 2017 ist aber auch Bundestagswahl! Selbstverständlich werden die Hochschulen ihre Entscheidungen hochschulintern
gut vernehmbar kommunizieren. Und natürlich werden dann auch Ross und Reiter
genannt. Dagegen werden keine alternativen Fakten in der Presse helfen ...