Er behandelt die Frage, inwieweit wissenschaftliche Werke, die ja in ihrer Form mehr oder wenigen strikten Vorgaben unterliegen, überhaupt Gegenstand urheberrechtlichen Schutzes sein können. Gerade im Bereich stark formalisierter Darstellungsmethoden kann es Probleme geben, da nach h.M. der Inhalt als solcher keinen urheberrechtlichen Schutz genießt, sondern nur die Verkörperung, die aber einen schöpferischen Eigenanteil des Autors umfassen, also eine gewisse Schöpfungshöhe aufweisen muß. (S. 148-151)
Sodann wendet sich Ohly den unterschiedlichen Publikationsgepflogenheiten in den einzelnen Wissenschaften zu. Vor allem bei den Naturwissenschaften gibt es Konventionen, die dem urheberrechtlichen Autorenbegriff widersprechen. Bloße Anreger oder Hilfskräfte, die mitunter als Co-Autoren einer Arbeit genannt werden, sind keine Autoren im Sinne des Urheberrechts. (S. 151-157)
Hier zeigt sich sehr deutlich das Dilemma, wenn der Urheberrechtsschutz nicht auf den Inhalt bezogen ist. Für naturwissenschaftliches Arbeiten wird der entscheidende wissenschaftliche Beitrag im Experiment erbracht. Maßgeblich sind hier aus Sicht der Wissenschaft die daran beteiligten Personen. Die Verkörperung der Ergebnisse als Text, die allein Urheberrechtsrelevanz besitzt, tritt demgegenüber in den Hintergrund.
In den Geistes- und Sozialwissenschaften, wo sich der Erkenntnisprozeß gerade auch in der Formulierung von Texten vollzieht, ist demgegenüber das Verständnis von Autorenschaft in Wissenschaft und Urheberrecht deckungsgleich.
Ohly versucht eine Synthese zwischen dem (natur-)wissenschaftlichen und dem urheberrechtlichen Autorenbegriff. Entscheidend ist immer ein Einfluß des Autors auf die konkrete Textfassung. Ist sie gegeben, liegt Miturheberschaft vor. (S. 157-159)
Erwähnt werden sollte noch die Ablehung einer "Ehrenautorenschaft". (S. 152 f.)
Außerdem geht Ohly auf ein gängiges Problem beim universitären Publizieren ein: Assitenten und Mitarbeiter, die ihrem Professor einen Text gedanklich und argumentativ strukturieren, sind Miturheber und haben folglich einen Anspruch als Mitverfasser des vom Professor veröffentlichten Textes genannt zu werden. (S. 153)
Abschließend verdient diese Aussage Beachtung: "die Freiheit wissenschaftlicher Information [ist] ein Strukturprinzip des gesamten Immaterialgüterrechts ..." (S. 150)
Quelle: Ansgar Ohly, Die Autorenangabe bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen aus wissenschaftsethischer und aus urheberrechtlicher Sicht, in: Urheberrecht : gestern - heute - morgen ; Festschrift für Adolf Dietz zum 65. Geburtstag = Mélanges dediés à Adolf Dietz = Writings in honour of Adolf Dietz / hrsg. von Peter Ganea ... - München : Beck, 2001, S. [143]-159.