Wissenschaftliche Fachzeitschriften haben eine Auflage von oft nur wenigen 100 Exemplaren. So beträgt die Druckauflage der "Zeitschrift für Geistiges Eigentum" nach den Angaben des Verlages 500 Exemplare. Die eher im Feuilleton angesiedelte "Zeitschrift für Ideengeschichte" kommt auf 1.500 Exemplare.
Diese Zahlen sagen für sich genommen wenig aus. Sie zeigen nur, welche Verbreitung ein dort publizierter Text als physisches Objekt hat. Über die Anzahl der Leser erfährt man nichts.
Das ist im Internet anders. Texte können dort sehr schnell eine beachtliche Resonanz erfahren und innerhalb eines Tages mehrere hundert Leser erreichen.
Die hohe Sichtbarkeit im Netz hat aber zwei Konsequenzen:
Texte müssen kurz sein (max 5 min. Lesezeit)
Texte sind nicht nachhaltig (werden nicht in Print zitiert und geraten schnell in Vergessenheit).
Nummer 1 ist ein Vorteil: Man kann einen einzelnen Gedanken konzentriert darstellen ohne den rhetorischen Ballast eines konventionellen Aufsatzes. Der “Espresso-Text” bringt die Dinge angenehm auf den Punkt.
Nummer 2 ist ein Scheinproblem, weil gute Texte in reguläre Publikationen transformiert werden können und dann problemlos anschlussfähig sind.
Fazit: Der "Espresso-Text" ist für den public scholar bzw. public intellectual das ideale Format. Er verbindet die Fluffigkeit des Podiums mit der Konzentration einer Kolumne und dem Oszillieren eines Essay. Als Text aus der Werkstatt kann er anstoßen und anregen wie kein anderes Format. Auf lange Sicht aber bleibt er Halbzeug und bedarf, sofern er über den Tag hinaus wirken will, einer publizitischen Veredelung.